Es begann mit einer Lüge“ – Doku über NATO-Einsatz in Jugoslawien, WDR 2001

Es begann mit einer Lüge“ – Doku über NATO-Einsatz in Jugoslawien, WDR 2001

Wie die Nato im Krieg um Kosovo Tatsachen verfälschte und Fakten erfand

Ein Film von Jo Angerer und Mathias Werth
WDR – Ausgestrahlt im Ersten Deutschen Fernsehen am 8. Februar 2001.

– Das vollständige Manuskript –

Gerhard Schröder (24. März 1999):
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute Abend hat die Nato mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre Katastrophe im Kosovo verhindern. Der jugoslawische Präsident Milosevic führt dort einen erbarmungslosen Krieg. Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen.“

Dieser Film zeigt, wie schon vom ersten Tag des Kosovo-Krieges an die Bevölkerung getäuscht wurde. Dieser Film zeigt auch, wie Tatsachen verfälscht und Fakten erfunden, wie manipuliert und auch gelogen wurde. Dieser Film zeigt, weshalb Bomben auf Belgrad fielen.

Drohte eine „humanitäre Katastrophe“?

Die Nato sagt, sie habe die Bomben geworfen, um das Leben der Kosovo-Albaner zu schützen – vor den Serben. Doch als die ersten Bomben einschlugen, waren es diese Bilder, die man sah. Man sah Serben, die voller Angst in ihre Keller und in die wenigen Bunker der Stadt flohen.

Originalton im serbischen Radio:
Eine große Gruppe feindlicher Flugzeuge nähert sich Belgrad. Wir bitten alle Bürger ihre Lichter auszumachen. Nachdem Sie die Räume verdunkelt haben, appellieren wir an Sie den Strom abzuschalten. Achtung, eine große Gruppe feindlicher Flugzeuge in Richtung Belgrad. Bürger, bleibt in euren Schutzräumen und wartet auf die Empfehlungen aus dem Informationszentrum. Ende der Durchsage.“

Man sah serbische Kinder voller Furcht ihr Leben könne enden, noch bevor es richtig begonnen hatte. Bilder des jugoslawischen Fernshens zwar, aber sie waren zu „echt“, um als serbische Propaganda druch zu gehen. Angst vor Krieg ist unteilbar – wie die Menschenrechte, um deret Willen er geführt wurde. Entscheidend aber ist das Bild, das der Krieg bietet. Welche Macht den Bildern zukommt, wusste der oberste Nato-Sprecher damals sofort.

Jamie Shea, Nato-Sprecher:
„Das Wichtigste ist, dass der Feind nicht das Monopol auf die Bilder haben darf, denn das rückt die Taktik der Nato in das Licht der Öffentlichkeit und nicht die bewusste Brutalität von Milosevic: Etwa ob wir eine perfekte Organisation sind, oder ob wir einen perfekten Luftkrieg führen und so weiter. Viele Journalisten sagten: Milosevic hat die Bilder – und Jamie Shea hat nur Worte. Wem sollen wir glauben? Den Bildern oder den Worten?
Beim nächsten Mal, wenn die ARD, CNN oder die BBC ein Bild von einem zerschossenen Flüchtlingstreck zeigen, dann will ich sagen können: Ja, das stimmt. Ich entschuldige mich, ich kann das erklären. Aber sehen Sie hier: Ein Massengrab, Leute, die absichtlich umgebracht und in dieses Grab geworfen wurden! Auf welcher Seite stehen Sie also?“

Aber Bilder von Massengräbern zum Beispiel standen der Nato nicht zur Verfügung. Nur diese von fliehenden Kosovo-Albanern. Ihre Gesichter zeigen – wie die der Serben im Bunker – Angst, Schmerz, Todesfurcht. Doch was sagen diese Bilder? Helfen sie der NATO, sind sie nicht wie ein Appell an die NATO: Rettet uns? Ist das Leid der Menschen nicht Verpflichtung – und Chance – zum militärischen Eingriff? Menschenrechte für die Kosovo-Albaner – Rechtfertigung oder Vorwand? Verteidigungsminister Rudolf Scharping erklärte 1999, weshalb er deutsche Soldaten in den Kosovo-Krieg geschickt hat.

Rudolf Scharping (27. 03. 1999):
„Wir wären ja auch niemals zu militärischen Maßnahmen geschritten, wenn es nicht diese humanitäre Katastrophe im Kosovo gäbe mit 250.000 Flüchtlingen innerhalb des Kosovo, weit über 400.000 Flüchtlingen insgesamt, und einer zurzeit nicht zählbaren Zahl von Toten.“

Nicht zählbare Tote schon vor Beginn der Nato-Bombardierung? Die OSZE, Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, müsste davon doch gewusst haben. Denn ihre Beobachter hatten penibel die Vorkommnisse im Kosovo gemeldet. Ihr Fazit für den März 1999: 39 Tote im gesamten Kosovo – bevor die Nato-Bomber kamen. Drohte also eine „humanitäre Katastrophe“?

Der damals leitende deutsche General bei der OSZE und eine amerikanische Diplomatin, die damals im Kosovo war, erinnern sich.

Heinz Loquai, General a. D. – OSZE:
„Die Legitimationsgrundlage für die deutsche Beteiligung war die so genannte humanitäre Katastrophe, eine solche humanitäre Katastrophe als völkerrechtliche Kategorie, die einen Kriegseintritt rechtfertigte, lag vor Kriegsbeginn im Kosovo nicht vor.“

Norma Brown, US-Diplomatin im Kosovo:
„Bis zum Beginn der Nato-Luftangriffe gab es keine humanitäre Krise. Sicher, es gab humanitäre Probleme, und es gab viele Vertriebene durch den Bürgerkrieg. Aber das spielte sich so ab: Die Leute verließen ihre Dörfer, wenn die Serben eine Aktion gegen die UCK durchführten – und kamen danach wieder zurück. Tatsache ist: Jeder wusste, dass es erst zu einer humanitären Krise kommen würde, wenn die Nato bombardiert. Das wurde diskutiert: In der Nato, der OSZE, bei uns vor Ort und in der Bevölkerung.“

Ein eindeutiges Urteil! Gewalt im Kosovo – in keinem einzigen Bericht der OSZE findet sich auch nur ein Indiz für eine drohende humanitäre Katastrophe. Was die internationalen Fachleute beobachteten, waren Situationen wie diese: Rebellen der so genannten Kosovo-Befreiungsarmee UCK kämpften gegen reguläre jugoslawische Truppen. Ein Bürgerkrieg – so die OSZE. Vor diesen Kämpfen flohen die Dorfbewohner. Später kehrten sie dann meist in ihre völlig zerstörten Häuser zurück.

Die Nato in Brüssel kannte die Berichte der OSZE. Sie deckten sich mit ihren eigenen Beobachtungen, bleiben aber intern. Diese Erkenntnisse wurden damals nicht auf einer der vielen Nato-Pressekonferenzen veröffentlicht. Mehr noch: Auf der letzten Tagung des Nato-Rates vor Kriegsbeginn, am 14. März 1999, wurde berichtet: Die Gewalt gehe eher von terroristischen Aktionen der UCK aus, die Serben übten dann allerdings mit unverhältnismäßiger Härte Vergeltung. Dennoch drohte die Lage im Kosovo zu der Zeit nicht außer Kontrolle zu geraten. Denn die Nato-Führung bereitete sich längst auf einen Angriff gegen Jugoslawien vor.

Zur gleichen Zeit im deutschen Verteidigungsministerium: Auch dort war keine Rede von einer drohenden humanitären Katastrophe: In den Unterlagen des Bundesministers für Verteidigung zur Lage im Kosovo stand nämlich etwas ganz anderes als Rudolf Scharping in der Öffentlichkeit verkündet hatte. Zitat aus den geheimen Lageberichten des Verteidigungsministeriums: „In den vergangenen Tagen kam es zu keinen größeren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen serbisch-jugoslawischen Kräften und der UCK … Die serbischen Sicherheitskräfte beschränken ihre Aktionen in jüngster Zeit auf Routineeinsätze wie Kontrollen, Streifentätigkeit, Suche nach Waffenlagern und Überwachung wichtiger Verbindungsstraßen.“

Der Kampf um die öffentliche Meinung

Dennoch: Hinter dieser Tür, dem mehrfach gesicherten Eingang zur militärischen Organisationszentrale, liefen die Vorbereitungen für den Angriff weiter. Als dann jedoch die ersten Bomben fielen, sank in den Nato-Ländern die Unterstützung für den Krieg. Die Stimmung in der Bevölkerung drohte sogar zu kippen.

Jamie Shea, Nato-Sprecher:
„Die politischen Führer spielten nun die entscheidende Rolle für die öffentliche Meinung. Sie sind die demokratisch gewählten Vertreter. Sie wussten, welche Nachricht jeweils für die öffentliche Meinung in ihrem Land wichtig war. Rudolf Scharping machte wirklich einen guten Job. Es ist ja auch nicht leicht, speziell in Deutschland, das 50 Jahre lang Verteidigung nur als Schutz des eigenen Landes gekannt hatte, statt seine Soldaten weit weg zu schicken. Psychologisch ist diese neue Definition von Sicherheitspolitik nicht einfach. Nicht nur Minister Scharping, auch Kanzler Schröder und Minister Fischer waren ein großartiges Beispiel für politische Führer, die nicht der öffentlichen Meinung hinterherrennen, sondern diese zu formen verstehen. Es stimmt mich optimistisch, dass die Deutschen das verstanden haben. Und jenseits der sehr unerfreulichen Begleiterscheinungen, der Kollateralschäden, der langen Dauer der Luftangriffe, hielten sie Kurs. Wenn wir die öffentliche Meinung in Deutschland verloren hätten, dann hätten wir sie im ganzen Bündnis verloren.“

Der Kampf um die öffentliche Meinung war härter geworden. Und die Gangart auch. Schlichte Meinungsmache, Kriegspropaganda für den Hausgebrauch – das reichte jetzt nicht mehr.

Die Lüge vom serbischen KZ

Pristina, die Hauptstadt des Kosovo, war Schauplatz einer perfiden Propagandageschichte: Im Mittelpunkt stand das Fußballstadion. Rund um das Stadion sind die Zerstörungen bis heute zu sehen, und oben auf den Tribünen verwittert der Beton. Doch der Rasenplatz unten wird gehegt und gepflegt, und die Jugendmannschaft trainiert hier wie eh und je. Doch damals, vor zwei Jahren, sollen die Serben hier ein KZ für Kosovo-Albaner betrieben haben – ganz nach Nazi-Manier. Mit dieser Behauptung ging Rudolf Scharping im April 1999 an die Öffentlichkeit.

Rudolf Scharping (28. 03 1999):
„Viel wichtiger ist die Frage, was geschieht jetzt im Kosovo: Wenn ich höre, dass im Norden von Pristina ein Konzentrationslager eingerichtet wird, wenn ich höre, dass man die Eltern und die Lehrer von Kindern zusammentreibt und die Lehrer vor den Augen der Kinder erschießt, wenn ich höre, dass man in Pristina die serbische Bevölkerung auffordert, ein großes ‚S‘ auf die Türen zu malen, damit sie bei den Säuberungen nicht betroffen sind, dann ist da etwas im Gange, wo kein zivilisierter Europäer mehr die Augen zumachen darf, außer er wollte in die Fratze der eigenen Geschichte schauen.“

Das „S“ zum Schutz der Serben hat in Pristina auf keiner einzigen Tür geprangt. Auch nicht in den Katakomben unter den Stadiontribünen, wo Serben das KZ betrieben haben sollen. Hierher hat sich höchstens mal ein Weitschuss der Fußballjugend verirrt. Vielleicht rauchten die Jungs nach dem Spiel hier unten ihre erste Zigarette, tranken heimlich Cola und Schnaps. Aber Rudolf Scharping berichtet sogar noch in seinem späteren Kriegstagebuch über den Nato-Einsatz im Kosovo von mehreren tausend Leuten, die hier interniert gewesen seien. Und der deutsche Außenminister Joschka Fischer bemühte sogar mehrfach den Vergleich zwischen Serben und Nazis und rief zum Krieg mit den Worten: „Nie wieder Auschwitz!“ Bis heute bleiben Joschka Fischer und Rudolf Scharping bei ihrer Darstellung.

Rudolf Scharping:
„Ich habe mich so geäußert, dass der Verdacht besteht, dass im Stadion von Pristina Menschen festgehalten werden. Das beruhte auf Zeugenaussagen, die sich bezogen auf entsprechende Internierung in den Gängen des Stadions, in den Geschäften, die unterhalb der Tribünen waren. Wir haben versucht, das aufzuklären. Bilder davon konnten wir nicht gewinnen. Aber die Zeugenaussagen standen.“

Zeugen aus Pristina also. Wenn einer aber etwas mitbekommen hat, dann müsste es Shaban Kelmendi gewesen sein, kosovarischer Politiker. Sein Haus liegt direkt am Stadion und während des Krieges hat er Pristina keinen Tag verlassen. Shaban Kelmendi, Augenzeuge: „Wie Sie sich selbst überzeugen können, blickt man von hier aus genau auf das Stadion. Man kann alles sehen. Es hat damals dort keinen einzigen Gefangenen oder eine Geisel gegeben. Das Stadion hat immer nur als Landeplatz für Helikopter gedient.“

Und während er noch spricht, nähert sich von weitem ein Helikopter der KFOR, der internationalen Schutztruppe für das Kosovo, dem Stadion.

Sheban Kelmendi, Augenzeuge:
„Sie sehen ja, da landen immer nur Helikopter. Wie damals. Das haben wir alle hier sehen können. Die Helikopter landeten dort, und die Leute stiegen ein, Soldaten halt.“

Das Fußballstadion von Pristina – ein Konzentrationslager, wie Rudolf Scharping es vollmundig verkündet hatte? Im besten Fall gutgläubig weitergetragene Propaganda, wahrscheinlich aber schlicht eine frei erfundene Gräuelgeschichte.

Heinz Loquai, General a. D. – OSZE:
„Hier muss ich mich wirklich beherrschen, weil der Vergleich mit Auschwitz und der Situation im Kosovo eine ungeheuerliche Behauptung ist. Man muss sich als Deutscher schämen, dass deutsche Minister so etwas getan haben, denn ein normaler Mensch, ein normaler Deutscher, wird vor Gericht zitiert, wenn er in derartigem Ausmaße Auschwitz verharmlost. Und dass ein deutscher Minister von KZs im Kosovo sprach, ist auf der gleichen Linie, denn KZs sind Einrichtungen einer bestimmten historischen Situation, nämlich der nationalsozialistischen Zeit in Deutschland. Und ich finde es im Grunde genommen ungeheuerlich, dass gerade Deutsche diese Vergleiche gewählt haben.“

Die Lüge vom Massaker in Rugovo

Nicht die einzige Kriegslüge, die man in die Welt setzte, um die Unterstützung der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten. Beispiel: Rugovo, ein kleines Bauerndorf im südlichen Kosovo. Im Krieg blieb der Ort weitgehend unzerstört. Jetzt zwei Jahre danach, wird die Ernte wieder eingebracht, normaler Bauern-Alltag. Und doch hat Rugovo für den Kosovo-Krieg eine besondere Bedeutung. Begonnen hatte die Geschichte auf dem Bauernhof von Shefget Berisha. Eine Geschichte, die später im fernen Deutschland Schlagzeilen machte. Es war der 29. Januar 1999, zwei Monate vor Beginn der Nato-Luftangriffe. Plötzlich hörten die Nachbarn von Shefget Berisha Schüsse. Was war passiert?

Remzi Shala, Augenzeuge:
„Damals am 29. Januar ist folgendes passiert: Es war ein Freitag. Morgens kurz nach fünf ging es drüben im Haus meines Nachbarn Shefget Berisha los. Es waren Schüsse aus Maschinengewehren, drei oder vier Stunden lang. Wir waren wach geworden und hörten das alles, ja, erst nach drei oder vier Stunden hörte die Schießerei auf. So gegen zehn Uhr kam eine Gruppe Polizisten aus dieser Richtung dort auf uns zu. Mein Vater und ich haben sie gesehen. Als sie dann so ungefähr bis auf fünfzig, sechzig Meter an mich herangekommen waren, blieb mir nur noch wegzulaufen. Ich lief weg in die andere Richtung.“

Dieser zerschossene rote Kleinbus erinnert noch heute an jenen Tag. Doch was war genau in Rugovo geschehen? Ein Massaker der Serben an unschuldigen Zivilisten, sagte Rudolf Scharping. Zwei Monate später, am 27. April 1999, präsentierte der Verteidigungsminister seine Beweise.

Rudolf Scharping (27. April 1999):
„Was wir Ihnen hier zeigen, ich hatte ja schon gesagt, man braucht starke Nerven, um solch grauenhafte Bilder überhaupt ertragen zu können, sie machen aber deutlich, mit welcher Brutalität das damals begonnen wurde und seither weitergegangen ist. Wenn Sie sich mal solche Fotos anschauen, dann werden Sie auch sehr, sehr unschwer erkennen können, dass das in einem gewissen Umfang auch beweissichernd sein kann. Die Uniformen, die Sie da sehen, dass sind Uniformen der serbischen Spezialpolizei. Das macht auch deutlich, dass Armeekräfte und Spezialpolizei, später dann auch im Fortgang nicht nur diese, sondern auch regelrechte Banden freigelassener Strafgefangener und anderer, an solchen Mordtaten beteiligt sind. Es sind erschütternde Bilder. Und ich muss mir große Mühe geben, das in einer Tonlage zu schildern, die nicht gewissermaßen zur Explosion führt.“

„Deshalb führen wir Krieg“, titelte auch die Presse und veröffentlichte die Bilder Scharpings. Doch seine eigenen Experten wussten es schon damals besser: Dies war kein Massaker an Zivilisten! Aus dem geheimen Lagebericht:
„Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch. Am 29. Januar ’99 wurden in Rugovo bei einem Gefecht 24 Kosovo-Albaner und ein serbischer Polizist getötet.“

Also ein Gefecht unter Soldaten – kein Massaker an Zivilisten, wie der Verteidigungsminister behauptet? Diese Fernsehbilder, aufgenommen von einem westlichen Kamerateam unmittelbar nach den Ereignissen in Rugovo, liefern Hinweise, wie es tatsächlich war: Gewehre neben toten Albanern, die angeblich Zivilisten waren. Die Toten tragen Militärstiefel. Sie haben Mitgliedsausweise der UCK und tragen deren Rangabzeichen. Doch wurden diese Bilder vielleicht arrangiert – von den Serben, und vor dem Eintreffen der westlichen Kamerateams?

Frage: „Bei dem Beispiel Rugovo, auf welche Quellen haben Sie sich dabei berufen?“

Rudolf Scharping:
„Auf OSZE-Beobachter, die als Erste am Ort waren.“

Frage: „Waren diese Schilderungen, die damals gemacht worden sind zu den Vorgängen in Rugovo, aus ihrer Sicht heute korrekt und sind nach wie vor so gültig?“

Rudolf Scharping:
„Ja, die sind völlig korrekt.“

Der erste OSZE-Beobachter vor Ort, das war dieser Mann, ganz links im Bild. Es ist der deutsche Polizeibeamte Henning Hensch.

Henning Hensch, OSZE-Beobachter:
„In jedem Fall ist es richtig, dass der Verteidigungsminister noch am Tage der ersten Veröffentlichung, die ich selber auch gesehen habe in der Deutschen Welle, von mir darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, dass die Darstellung, die da abgelaufen ist, so nicht gewesen ist.“

Sein offizieller Ermittlungsbericht zu Rugovo. Das Ergebnis: Kein Massaker an Zivilisten.

Henning Hensch, OSZE-Beobachter:
„Am Tatort fanden wir einen roten Van, zerschossen, mit offenen Scheiben und insgesamt vierzehn Leichen in diesem Fahrzeug, und drei Leichen lagen außerhalb des Fahrzeuges. In der ‚Garage‘ genannten Stallung auf der Rückseite der Farm befanden sich fünf UCK-Fighter in den typischen Uniformen, den dunkelblauen mit dunkelgrün oder grün eingefärbten Uniformen, die dort im zehn Zentimeter hohen Wasser lagen. Und dann ging es noch etwa 300 Meter weiter zu einem zweiten Tatort, an dem wir wiederum vier Leichen fanden, und darüber hinaus sind die Leichen, die der Verteidigungsminister zeigen ließ, dort von den serbischen Sicherheitsbehörden und von mir und meinen beiden russischen Kollegen abgelegt worden, weil wir sie von den verschiedenen Fundorten oder Tatorten zusammengesammelt hatten.“

So also entstanden diese Bilder einer angeblichen Exekution, die der Minister präsentierte. Bilder, die mit den tatsächlichen Ereignissen nichts zu tun hatten.

Heinz Loquai, General a.D. – OSZE:
„Es war auch ganz klar, dass das kein Massaker an der Zivilbevölkerung war, denn nach den OSZE-Berichten haben Kommandeure der UCK ja selbst gesagt, es seien Kämpfer für die große Sache der Albaner dort gestorben. Also zu einem Massaker hat es eigentlich der deutsche Verteidigungsminister dann interpretiert.“

New York, April 1999. Während Scharping von einem Massaker berichtet, das keines war, und von einem KZ, das es nie gab, war der Kosovo-Krieg weiter in vollem Gange. In Deutschland wie in den USA wurde für diesen Krieg Stimmung gemacht. Das war auch notwendig, denn der Krieg war völkerrechtswidrig: Nur die Vereinten Nationen, deren Hauptquartier hier in New York ist, hätten ein Mandat für den Angriff geben dürfen. Doch dieses Mandat hat es nie gegeben. Damals herrschte Hochbetrieb für das Wachpersonal der UNO. Immer neue Regierungsvertreter trafen im Haptquartier der Vereinten Nationen ein, immer heftiger wurden die Auseinandersetzungen hinter verschlossenen Türen.

„Kollateralschäden“ – und die Erfindung des „Hufeisen-Plans“

April 1999: Bei den Vereinten Nationen wird um den Krieg gestritten. Zur gleichen Zeit fliegen Nato-Bomber bereits Angriff um Angriff, 6000-mal – und immer ohne UN-Mandat.

Ganz überraschend ist das nicht, denn bei den Vereinten Nationen kennt man nicht erst seit heute die amerikanische Regierungspolitik, und deren kaum verhüllte Geringschätzung der Vereinten Nationen. Bereits 1993 hatte US-Präsident Bill Clinton die Grundzüge dieser US-amerikanischen Außenpolitik in einem geheimen Regierungsdokument festgelegt. Der Titel: „Mit den Vereinten Nationen wenn möglich, ohne sie wenn nötig.“ „Die Nato“, heißt es darin, „soll die Entscheidungskriterien für die UN festlegen und nicht umgekehrt.“ Der Kosovo-Einsatz ohne UN-Mandat – ein klarer Bruch des Völkerrechts. Der deutsche Verteidigungsminister hat ihn mitgetragen.

Doch warum? Einer der wichtigsten politischen Berater der US-Regierung, Wayne Merry, hatte Zugang zu geheimen Planungsunterlagen der US-Regierung.

Wayne Merry, Berater der US-Regierung:
„Manche Regierungsleute aus dem Außenministerium reden davon, dass Kosovo nur der Auftakt ist für zukünftige Kriege der Nato, die noch viel entfernter sein werden. Für Washington ging es nicht um die Demonstration der amerikanischen Führungsrolle in der Nato. Die wurde nie bestritten. Man wollte zeigen, dass die Nato überhaupt noch einen Zweck hat. Und dieser Zweck ist etwas ganz anderes, als die rein defensiven Aufgaben, für die die Nato gegründet wurde.“

In diesen Räumen tagt der NATO-Rat. Soll die NATO der neue Weltpolizist werden? In den USA vielleicht eine selbstverständliche Vorstellung. Doch der deutschen Öffentlichkeit wäre die nur schwer zu vermitteln gewesen. Zumal der Kosovo-Krieg inzwischen immer heftiger kritisiert wurde, vor allem nachdem NATO-Flugzeuge die militärischen Ziele der Serben verfehlten und stattdesse versehentlich Flüchtlingstrecks angriffen. „Kollateralschäden“ nennen dies die Militärs. Besonders in Deutschland wurde die Öffentlichkeit gegenüber der Nato-Politik nun spürbar kritischer.

Anfang April 1999 im Nato-Hauptquartier: Jetzt ist Schadensbegrenzung gefragt.

Jamie Shea, Nato-Sprecher:
„Nach dem Angriff auf den Flüchtlingskonvoi bei Djakovica, dem ersten ‚Unfall‘ des Krieges, fiel die öffentliche Zustimmung in vielen Ländern, auch in Deutschland, um 20 bis 25 Punkte. Wir mussten sechs Wochen hart arbeiten, um die öffentliche Meinung zurückzugewinnen. Milosevic machte den Fehler, die Flüchtlinge aus dem Kosovo nach Albanien und Mazedonien zu treiben.
An der Grenze waren Fernsehteams, die das Leiden filmten. Und so stellte sich die öffentliche Meinung wieder hinter die Nato.“

Und das sind die Fernsehbilder, die der Nato-Sprecher Jamie Shea meint, und die den entscheidenden Fehler Milosevics im Propagandakrieg dokumentieren: Bilder albanischer Flüchtlinge an der jugoslawisch-mazedonischen Grenze. Jeden Abend und in jeder Nachrichtensendung ist es nun zu sehen: Leid, Flucht und Vertreibung. Doch in Deutschland haben diese Bilder offenbar nicht ausgereicht. Jetzt hieß es: Von langer Hand hätten die Serben die Vertreibung dieser Menschen und die ethnische Säuberung des Kosovo geplant. Mord und Vertreibung im Kosovo erhielten einen Namen: „Operationsplan Hufeisen“.

Rudolf Scharping (7. 04. 1999):
„Ich will Ihnen ausdrücklich auch für morgen ankündigen eine genaue Analyse dessen, was sich auf der Grundlage des Operationsplans Hufeisen in den Monaten seit Oktober 1998 im Kosovo vollzogen hat. Er zeigt sehr deutlich, dass in klar erkennbaren Abschnitten die jugoslawische Armee, die jugoslawische Staatspolizei begonnen hat, in der Zeit von Oktober bis zum Beginn der Verhandlungen in Rambouillet, die Vorbereitungen für die Vertreibung der Bevölkerung nicht nur zu treffen, sondern diese Vertreibung auch schon begonnen hat. Er zeigt im Übrigen sehr deutlich das systematische und ebenso brutale wie mörderische Vorgehen, das seit Oktober 1998 geplant und seit Januar 1999 ins Werk gesetzt worden ist.“

Dies sollte der Operationsplan sein. Wie ein Hufeisen umschließen serbische Truppen albanische Zivilisten und treiben sie aus dem Kosovo. Schon seit Januar ’99, also vor Beginn der Nato-Angriffe, seien die Serben „planmäßig“ vorgegangen, hieß es in der Broschüre des Verteidigungsministeriums. Und zum Beleg dieses Foto. Doch die Datenzeile weckt Zweifel, denn sie zeigt das Aufnahmedatum: April ’99, also erst nach Beginn der Nato-Luftangriffe, und schon deshalb ist das, was in Randubrava, dem Dorf auf dem Foto, geschah, kein Beweis für den Hufeisenplan.

Randubrava heute. An den Krieg erinnert nur noch wenig. Wiederaufbau: Die Dachziegel, mit denen die Bewohne iohre zerstörten Häuser neu decken, hatte ihnen die deutsche Hilfsorganisation „Cap Anamur“ gespendet. Aber wurde das Dorf tatsächlich, wie Minister Scharping behauptete, bereits vor den NATO-Luftangriffen von den Serben überfallen und in Brand gesetzt? Und wurde die Zivilbevölkerung wirklich „planmäßig“ von hier vertrieben? Dies hätte dann ein Indiz für die Echtheit des Hufeisen-Plans sein können.

Shaip Rexhepi, Augenzeuge:
„Die Bewohner haben das Dorf am 25. März nach den Luftangriffen der Nato verlassen. Abends gegen zwanzig Uhr haben wir den Befehl von der UCK erhalten, die Bevölkerung zu evakuieren. Am 26. März hat es keine Dorfbewohner mehr hier gegeben, wir hatten sie alle in das Dorf Mamush gebracht. Dann erst beschossen uns die Serben mit Granaten. Wir waren UCK-Soldaten, wir haben uns verteidigt, aber es war unmöglich. Wir waren den Panzern und Kanonen gegenüber machtlos. Aber wir haben standgehalten so lange wir konnten. Hier aus meinem Dorf waren wir 85 UCK-Soldaten, aber es gab auch noch andere von außerhalb. Insgesamt waren wir hier 120 Soldaten von der vierten Kompanie der 129. Brigade der UCK.“

Mit einer „planmäßigen“ Vertreibung der Zivilbevölkerung hat das wenig zu tun. Hatte Verteidigungsminister Scharping in seiner Broschüre die Unwahrheit verbreitet?

Frage: „Wie haben Sie sich darüber informiert, was in diesem Ort geschehen ist?“

Rudolf Scharping:
„Das sind Ergebnisse der Luftaufklärung, das ist ja nicht so schwer, entsprechende Bilder zu bekommen, jedenfalls solange sie keine geschlossene Wolkendecke haben. Im übrigen gibt es Zeugenaussagen, die man heranziehen kann, es gibt Menschen, die geflohen sind, es gibt andere, die zum Teil unter Lebensgefahr berichtet haben. Dazu gehörte in der Zeit vor dem Ausbruch der kriegerischen Maßnahmen auch das sehr vielfältige Informationsangebot, will ich’s mal nennen, das über die unbewaffneten Beobachter der OSZE an uns herankam.“

Doch nicht nur das Dorf Randubrava führt Rudolf Scharping in seiner Broschüre als Beweis für den Hufeisen-Plan an. Auch ein Dorf namens Sanhovici soll vor den Nato-Luftangriffen zerstört worden sein. Doch auch dieses Foto entstand später: im April ’99, ebenfalls nach Kriegsbeginn.

Dort hinten liegt das Dorf aus der Aufklärungsbroschüre des Verteidigungsministeriums. Allerdings heißt der Ort nicht Sanhovici, sondern Petershtica. Noch heute sind die Spuren des Krieges zu sehen. Viele Häuser bis auf die Grundmauern niedergebnrannt – es wird noch lange dauern, bis die rund hunert Bewohner ihr Dorf wieder aufgebaut haben. „Dankeschön“, rufen Kinder auf deutsch. Auch hier stammt das Baumaterial von deutschen Hilfsorganisationen. In Petershtica wollten die Serben die Heimat dieser Dorfkinder auf eine besonders tückischebArt und Weise für immer zerstören, so steht es in der Broschüre des Verteidigungsministeriums. Zitat:
„Zunächst stellt man (also die Serben) eine brennende Kerze auf den Dachboden, und dann öffnet man im Keller den Gashahn …“

Auf diese Weise also hätten die Serben hier gewütet. Ihre Aktionen – so Scharping – seien keine Reaktion auf die Luftangriffe der Nato gewesen, sondern, so wörtlich, „von vornherein Teil der so genannten Operation Hufeisen“, also der planmäßigen Vernichtung vor Beginn der Nato-Bombardierung. Doch in Petershtica erinnert man sich völlig anders.

Fatmir Zymeri, Augenzeuge:
„Das war alles schon im Juni 1998 passiert. Damals waren da eine Menge Leute von der jugoslawischen Armee, die dort vom Dorf Zboc aus auf uns zu kamen. Aber wir hatten die Armee zurückgeschlagen. Dann hatten sie angefangen, uns mit schweren Waffen zu beschießen – vier Wochen lang. Es gab so gut wie keine Stelle mehr, wo keine Granate eingeschlagen war. So war es in diesem Ortsteil hier und im gesamten Dorf.“

Die Zerstörungen also stammten bereits vom Juni 1998. Doch laut Scharping hatte Milosevic den so genannten Hufeisenplan erst ein halbes Jahr später, im Dezember 1998, entworfen. Und was war mit den Kerzen auf den Dachböden und dem Gashahn im Keller, von denen Scharping berichtete?

Fatmir Zymeri, Augenzeuge:
„Nein, so gerieten die Häuser in unserem Dorf nicht in Brand. Das passierte auf unterschiedliche Art und Weise, aber nicht so. Die wurden anders in Brand gesetzt. Die Häuser hatten durch Granatenbeschuss nFeuer gefangen, diese Fälle gab es. Das geschah, als die Granaten ins Heu einschlugen, auf die Zäune und so. Auf gar keinen Fall aber durch solche eine Methode mit den Kerzen.“

Wieder kein Beleg für den so genannten Hufeisen-Plan. Wohl aber ein weiterer Beweis für Manipulation undb Fälschung im Verteidigungsministerium.

Frage: „Dieser letzte Ort, da war eine Bildunterschrift drunter, dort stand, die Serben kommen in Dörfer, öffnen die Gashähne in den Kellern und stellen eine brennende Kerze auf den Dachboden. Es gibt Zweifel, dass diese Methode überhaupt funktioniert.“

Rudolf Scharping:
„Welche Zweifel sind das denn?“

Frage: „Wenn man in den Kellern den Gashahn aufdreht und oben eine Kerze hinstellt, das funktioniert nicht!“

Rudolf Scharping:
„Ja?“

Frage: „Nein, funktioniert technisch überhaupt nicht, weder chemisch noch physisch noch überhaupt. Das weiß eigentlich jeder Oberbrandmeister. Es muss also eine Information sein, die entweder von den Zeugen, die ihnen zugetragen worden ist, nicht korrekt ist oder nicht geprüft worden ist.“

Rudolf Scharping:
„Dann würde ich Ihnen raten, diesen Test noch einmal zu machen. Aber nicht mit einem Gashahn im Keller, sondern mit einer Flasche.“

Frage: „Ja, das ist das Gleiche, das funktioniert beides nicht.“

Rudolf Scharping:
„Ja …?“

Gas ist nämlich schwerer als Luft. Auch der Minister hatte offenbar gemerkt, wie leicht solche Manipulationen und Lügen auffallen könnten, denn später finden sich zwar noch die Abbildungen der beiden Dörfer, aber ohne die verräterischen Text- und Datenzeilen. In neiner Neuauflage der Broschüre vom Mai ’99 waren sie entfernt worden.

Mai 1999, schon er zweite Kriegsmonat. Immer häufiger machten sich Tornado-Piloten der Bundeswehr bereit für den Angriff. Längst war bekannt, dass nicht nur militärische Ziele getroffen wurden, sondern auch zivile. Und die NATO setzte sowohl grausame Splitterbomben wie auch umstrittene nUranmunition im Kosovo ein. Trotz des unbeliebten und autoritären Regimes in Belgrad wurden in der deutschen Bevölkerung deshalb die Zweifel immer stärker, ob der Einsatz der Kampfflugzeuge gerechtfertigt war. Der öffentliche Druck auf Rudolf Scharping wurde immer stärker. Denn entgegen seinen eigenen Ankündigungen blieb er stichhaltige Beweise für die Existenz des so genannten Hufeisen-Plans schuldig. Zwei Jahre nach dem Krieg deshalb noch einmal die Frage an Rudolf Scharping: Was war denn nun mit dem Hufeisenplan?

Rudolf Scharping:
„Wir hatten geheimdienstliche Informationen, ich erhielt sie Anfang April 1999 über den Außenminister. Ich habe dann unsere Fachleute gebeten, nicht nur diese Informationen auszuwerten, sondern sie zu vergleichen mit den Erkenntnissen aus der elektronischen Aufklärung, also auch dem Abhören von Funkverkehr serbischer Einheiten und Paramilitärs. Das ist geschehen, und erst als dieser Abgleich gezeigt hat, dass die Informationen richtig sind, haben wir sie auch öffentlich verwendet.“

Heinz Loquai, General a. D. – OSZE:
„Ich habe dann um ein Gespräch im Verteidigungsministerium nachgesucht, das habe ich bekommen, das war im November, und dort hat man mir gesagt, es habe kein ‚Operationsplan Hufeisen‘ vorgelegen, sondern was man hatte, war eine Darstellung der Ereignisse, die im Kosovo abgelaufen sind, und diese Darstellung der Ereignisse konnte man auf Grund der OSZE-Berichte und anderer Berichte nachvollziehen. Aber es gab keinen ‚Operationsplan Hufeisen‘, so jedenfalls die Fachleute im Verteidigungsministerium.“

Geflüchtete Kosovo-Albaner – ein Opfer der Serben. Aber nicht als Folge eines Vertreibungsplans mit Namen „Hufeisen“. Der war schlicht eine Erfindung des deutschen Verteidigungsministeriums, Kriegspropaganda wie das angebliche KZ von Pristina oder das angebliche Massaker an Zivilisten in Rugovo. Das Elend der Flüchtlinge aber war auch eine Folge der Nato-Bombardierung. Vor dem politischen Scheitern eines Krieges im Kosovo war früh gewarnt worden – auch aus den Reihen der OSZE und des Militärs. Dennoch wollte die Bundesregierung deutsche Soldaten in diesen Krieg führen. Dafür musste sie die Gunst der Öffentlichkeit gewinnen. Kein Kriegsziel der NATO wurde erreicht. Was aus diesen Menschen wird, ist bis heute ungewiss.

Heinz Loquai, General a.D.:
„Man hat in der Vergangenheit oft der deutschen Generalität den Vorwurf gemacht, dass sie dort auch geschwiegen habe, wo sie etwas hätte sagen sollen. Und ich wollte in dieser Situation auch etwas sagen und die Manipulation und Propaganda nicht als solche stehen lassen.“

Doch Lügen und Propaganda in Zeiten des Krieges sind meist stärker. Sie sind Waffen. Sie töten die Wahrheit.

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