Die Mitläuferschuld
Warum Deutschland die Gespenster der Vergangenheit und seine Mitläuferschuld nicht los wird.
von Jochen Mitschka, Bildlizenz: CC0
Mein Vater litt die letzten 60 Jahre seines Lebens unter Alpträumen, bis er im hohen Alter von 95 Jahren starb. Die Gespenster des Krieges verfolgten ihn jede Nacht in seine Träume. Meine Mutter war weit weg vom Krieg in Bayern aufgewachsen. Aber nicht weit entfernt von einem Konzentrationslager. Sie wurde bis zu ihrem Tod von den Schatten der dort verübten Gräueltaten verfolgt. Aber beide hatten keinen aktiven Widerstand geleistet, ja sie hatten das System gestützt und waren überzeugt, das jeweils Richtige zu tun.
Heute ist eine Generation an der Macht, die kaum noch Kontakt zu den Zeitzeugen hat, zu der Generation, die die Schuld der Mitläufer auf sich geladen hat.
Und was ich heute um mich herum beobachte, bei den Generationen, zu denen meine Kinder und Enkel gehören, ist wieder die gleiche Art von Mitläufertum. Zudem gibt es jene, die Gewalt als politisches Mittel glauben einsetzen zu dürfen, und die dabei imperialistische Verbrechen fördern, während sie behaupten, eine „Revolution“ zu vertreten.
Mein Vater wurde eingezogen, kurz bevor er in sehr jungen Jahren zum Bilanzbuchhalter einer Schuhfabrik gemacht werden sollte. Er wollte nur so schnell wie möglich zurück, um an seiner Karriere zu arbeiten. Aber es kam anders. Die siebente Verwundung hinterließ einen Granatsplitter in seinem Kopf, der ihn den Rest des Lebens, zusammen mit den Erinnerungen an den Krieg, peinigen sollte.
Die Schuld, die er als Soldat auf sich geladen hatte, wog so schwer, dass er mir als Kind verbot, während der Karnevalszeit irgendeine Art von Schusswaffe zu besitzen. Ein Cowboy ohne Pistole? Egal! Hauptsache keine Waffen. Die Wiederbewaffnung Deutschlands war für ihn der Einstieg in eine Spirale, die zwangsläufig in einen neuen Krieg münden würde. Seit dem auf Lügen basierenden Angriffskrieg gegen Jugoslawien wissen wir, dass er Recht hatte.
Die Hoffnung, die nach den Nürnberger Prozessen aufkam, dass sich die Menschen in Zukunft an das Völkerrecht halten würden, erwies sich spätestens in den letzten 30 Jahren als naiv. Deshalb habe ich meine pazifistische Vergangenheit hinter mir gelassen. Es gibt eine neue Macht, die die Welt beherrschen will – und das mit allen Mitteln, insbesondere mit denen des Krieges. Und Pazifismus funktioniert nur, wenn der Gegner ein Mindestmaß an Moral und Ethik besitzt, was man derzeit in den hegemonialen kriegerischen Auseinandersetzungen nicht erkennen kann.
Das Establishment, das sich nach dem Krieg etablierte, eine neue Art von Aristokratie, in die man durch die richtigen Schulen und Universitäten, durch Gesinnung und Solidaritätsaktionen aufgenommen wird, kontrolliert heute in einer noch perfekteren Form die deutsche Gesellschaft, als das vor ca. 90 Jahren der Fall war. Und leider wird das deutsche Phänomen der Mitläuferschuld, drei Generationen später, wieder zu einem Mehrheitsphänomen.
Als ich versuchte zu verstehen, was meine Eltern taten, als Hitler die Macht ergriffen hatte, fragte ich meine Mutter, ob sie denn nicht gewusst habe, was damals in den Konzentrationslagern geschah. Sie antwortete:
„Wir ahnten, dass etwas Schreckliches passierte. Immer wenn einer der dort angestellten Wächter zu uns in die Wirtschaft kam, wurde es still. Alle ahnten etwas, niemand aber stellte Fragen, niemand WOLLTE wissen, was in dem Konzentrationslager geschah.“
Wenn ich heute jemand von den Lügen der Mächtigen erzähle, will er das gewöhnlich gar nicht hören. „Ach, das ist viel zu viel Text, dazu habe ich keine Zeit…“. Gerne relativiert man auch, indem man erklärt: „Ach, die lügen doch alle.“
Meine Mutter erzählte mir oft, wie hart das Leben war, und dass sie versuchte, sich durch Lesen und durch Sissi-Filme in eine heile Welt zu begeben, die für eine gewisse Zeit die Härte des Überlebenskampfes vergessen ließ. Heute gibt es viel mehr Ablenkungsmöglichkeiten, die bewusst vom Establishment unterstützt werden. Bundesliga, Party, Rock-Konzerte und ganz aktuell: Soziale Medien mit Musik-, Katzen- und anderen Spaßvideos.
Das umgedrehte Grundgesetz
Nach dem Horror-Regime der Nazi-Diktatur hatten die Väter und Mütter des Grundgesetzes sich alle Mühe gegeben, durch eine gute Verfassung, eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Von deutschem Boden sollten keine Kriege mehr ausgehen, Reiche sollten einen fairen Anteil der Staatskosten tragen und nicht alleine über die Politik von Großbetrieben bestimmen können, die Privatsphäre, das Postgeheimnis, der Schutz der Wohnung usw. sollten den höchsten Stellenwert bekommen.
Kurz gesagt, das Grundgesetz sollte die Aufgabe erfüllen, deretwegen Verfassungen überhaupt einmal eingeführt worden waren: Der Untertan sollte vor der Willkür des Herrschers geschützt werden. Leider wurde der Sinn des Grundgesetzes im Laufe der Jahrzehnte in sein Gegenteil verkehrt, es dient heute dazu, die Herrschenden vor der Kontrolle durch die Beherrschten zu schützen.
„Über die Gründe gebe ich hier keine Auskunft“, gab eine Vertreterin der Bundesregierung auf der Bundespressekonferenz am 15. Dezember 2014 auf eine Frage zur Antwort. Die Frage, auf die sie nicht zufriedenstellend antwortete, bezog sich darauf, warum die Bundesregierung Aufträge an private Firmen vergab, die bekannterweise für die NSA Spionageaufträge in Deutschland ausführten und -führen. Ihre Antworten auf andere Fragen waren zwar etwas länger und wortreicher, sandten aber im Prinzip die gleiche Nachricht, sinngemäß: „Wir sind hier, um euch zu erklären, was wir wollen, dass ihr draußen erzählen sollt, also nervt uns nicht“.
Wer die Antworten auf der Bundespressekonferenz vom 5. Februar 2015 verfolgt, wird feststellen, dass obiger Eindruck kein Einzelfall ist, sondern durchaus zum System gehört.
Die Sprecher sitzen erhöht auf einem Podium wie sonst nur die Richter in einem höchsten Gericht. Und dementsprechend klingen auch die Antworten. Hier ist nicht der Souverän derjenige, der seine Regierung befragt, sondern ein Herrscher erniedrigt sich, Informationen zu verbreiten, als wären es Almosen, und das ausgerechnet bei einem Thema, bei dem es um die Glaubwürdigkeit der Regierung geht, wie im Fall von Folter (ab 0:12 min.) und der Korrumpierbarkeit von Regierungsmitgliedern (17:00 min.).
Was hat die deutsche Sünde des Mitläufertums mit dem Grundgesetz zu tun?
Nun, Deutsche haben der schleichenden Aushöhlung des Grundgesetzes und damit der demokratischen Grundordnung schulterzuckend zugeschaut und sich um ihre Karrieren gekümmert, statt die Lehren der Vergangenheit zu beherzigen. Was bleibt von den bei Wikipedia aufgeführten Merkmalen einer Demokratie heute eigentlich noch übrig?
Freie Wahlen
Freie Wahlen gibt es in Deutschland sicher. Wenn man aber die genaue Definition dessen, was unter „freien Wahlen“ zu verstehen ist, liest, findet man eine ganze Reihe von Voraussetzungen, die in Deutschland zu diskutieren sind. So stellt man sich die Frage, ob verwirklicht wurde, dass jeder Berechtigte diskriminierungsfrei Wahlkampf betreiben kann. Dafür sollte man sich die Parteienfinanzierung und die Wahlkampfkostenerstattung ansehen.
Oder betrachten wir die Bevorteilung von Beamten gegenüber Arbeitern und Angestellten, Hausfrauen und Bauern bei der Bewerbung um ein politisches Mandat. Interessant auch, wie legale Parteien wie AfD oder Die Linke unter Mithilfe der Regierung daran gehindert werden, ihre Rechte als politische Partei störungsfrei wahrnehmen zu können.
Auch gegen das Verbot von „…Meinungsmanipulation durch falsche Versprechungen oder [durch] falsche oder diffamierende Behauptungen vor der Wahl…“ wird m.E. mit schöner Regelmäßigkeit verstoßen. Oder welchem Zweck dient sonst die mediale Verbreitung der Information, dass durch das Volk gewählte Bundestagsabgeordnete durch den Verfassungsschutz überwacht werden?
Oder wie soll man dier regelmäßige Ausgrenzung rechter und linker Parteien, selbst durch den Bundespräsidenten und sogar mit dem Ziel, die Wahl eines linken Ministerpräsidenten zu verhindern, sonst deuten.
Opposition
Wie steht es mit der Akzeptanz der für die Funktionalität der Demokratie so wichtigen Opposition durch die Regierung? Wie an der gegenwärtigen Großen Koalition besonders gut zu erkennen ist, akzeptiert man zwar eine Opposition, enthält ihr aber in immer größerem Umfang für die politische Entscheidungsfindung wesentliche Informationen vor. Immer öfter geschieht dies mit Argumenten wie dem einer Notwendigkeit für die „Nationale Sicherheit“, mit Argumenten also, die man eigentlich eher aus Diktaturen gewohnt ist.
Oder mit der Begründung, man dürfe keine Betriebsgeheimnisse verraten. Wenn sogar ganz offen die Herausgabe von Informationen an einen oppositionellen Abgeordneten (z.B. Dr. Alexander Neu) verweigert, anderen Abgeordneten aber der Zugang zu denselben Informationen ermöglicht wird, ist klar, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.
Nur diejenige Opposition erhält ihre Rechte in vollem Umfang, die als „gute Opposition“ wahrgenommen wird. Sobald aber eine Opposition ihre Aufgabe ernsthaft zu erfüllen versucht, wird ihr das ihr zustehende Recht vorenthalten, ohne dass dies zu Konsequenzen führt.
Verfassungsmäßigkeit
Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland ist nicht ohne Delikatesse. Eine Verfassung kann sich nur ein souveränes Volk geben. Doch laut Finanzminister Schäuble und anderen Spitzenpolitikern ist Deutschland seit der bedingungslosen Kapitulation des Nazi-Regimes noch nie vollkommen souverän gewesen. Folglich müsste man sich eigentlich die Frage stellen, ob ein Land, das nicht souverän ist und keine im vollen Wortsinn Verfassung hat, überhaupt eine Demokratie sein kann.
Aber gehen wir einmal davon aus, dass unser Grundgesetz die Rolle einer Verfassung im Sinn der obigen Definition erfüllt. Handeln die Regierenden dann verfassungsmäßig? Das ist zu bezweifeln, wenn man die große Anzahl Gesetze sieht, die vom Bundesverfassungsgericht wieder gekippt werden.
Dabei muss man noch berücksichtigen, dass wohl nur ein kleiner Teil der im Hinblick auf ihre Konformität mit dem Grundgesetz fraglichen Gesetze überhaupt abgelehnt wird. Denn die Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichtes wird durch die Parteien bestimmt, also durch diejenigen, über deren Taten das Gericht zu urteilen hat.
Und so wird auch ein negatives Urteil des Verfassungsgerichtes immer eher als freundliche Aufforderung verstanden, das Gesetz demnächst doch bitte anders zu formulieren, denn als Warnschuss, dass man evtl. nicht verfassungsmäßig agiert habe und vielleicht sogar mit Konsequenzen rechnen muss.
Und die Aussage einer Bundesministerin, dass man, wenn der Einsatz der Bundeswehr im Irak nicht verfassungskonform wäre, eben die Verfassung ändern müsse, deutet darauf hin, dass das Grundgesetz auf breiter Front von den Mitgliedern der Regierung schon längst nicht mehr ernst genommen wird.
Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben in Art 97 (1) vorgesehen, dass Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sein sollen. Warum dies niemals realisiert wurde, kann man der Seite www.gewaltenteilung.de entnehmen. Dieses Manko betrifft übrigens auch das Bundesverfassungsgericht.
Gar nicht erwähnt wird auf der Seite etwa die Tatsache, dass frühere Spitzenpolitiker, die selbst Gesetze zu verantworten haben, in das Gericht wechseln. Das führt dann dazu, dass Gerichte über Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen urteilen sollen, die durch Mitwirkung von Verfassungsrichterkollegen selbst entstanden sind.
Das ist ein Vorgehen, bei dem Neutralität, gelinde gesagt, fraglich ist. Es ist fast vergleichbar mit der Drehtürpolitik, mit der inzwischen Spitzenpolitiker in die Wirtschaft und wieder zurück wechseln. Dabei haben die Vertreter beider gesellschaftlichen Subsysteme eigentlich die Aufgabe, das jeweils andere Subsystem zu kontrollieren, im Fall eines Politikers, sogar mit der Macht des Gesetzes im Hintergrund.
Der Geist des deutschen Grundgesetzes, darin sind sich alle Fachleute einig, drückt sich am Besten in seinem Kernanliegen aus, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen solle. Artikel 26 Grundgesetz allerdings formuliert dieses Anliegen dummerweise so, dass die VORBEREITUNG eines Angriffskrieges bestraft werde, die Führung eines Angriffskrieges selbst aber nicht eigens untersagt wird. Und dankbar für dieses sprachliche Versäumnis wurde dieser Passus niemals klargestellt und damit dem Geist des Grundgesetzes angepasst.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hatten sich die Gründerväter und -mütter nicht vorstellen können, dass es einen Angriffskrieg ohne Vorbereitung geben könnte.
Und mit Sicherheit waren sie davon ausgegangen, dass die Durchführung eines Angriffskrieges selbstverständlich auch strafbar sein sollte. Selbst wenn aber unleugbar deutlich wird, dass die Regierung bei der Vorbereitung eines Angriffskrieges behilflich ist, erscheint kein Ermittler der Bundesanwaltschaft, um das Gesetz umzusetzen. Das soll an einem einzigen von Dutzenden von Beispielen aufgezeigt werden.
Auch dieser jüngste Fall, bei dem Artikel 26 schlicht ignoriert wurde, wurde wieder mit äußerst erfindungsreichen Formulierungen begründet. Dabei ist die gelieferte Begründung ebenso fragwürdig wie reichlich sophistische Auslegung „Angriffskrieg [sei] nicht gleich Vorbereitung eines Angriffskrieges“.
Der Generalbundesanwalt dürfte angesichts dieser hanebüchenen Begründungspraxis erleichtert sein, dass der lästige Paragraph 80 im Strafgesetzbuch, der die Bestrafung der Vorbereitung eines Angriffskrieges beschrieb, mittlerweile gestrichen wurde, „um die deutsche Gesetzeslage an EU Normen anzugleichen“.
Bürgerrechte
Bürgerrechte sind durch gesetzliche Einschränkungen inzwischen kaum noch geeignet, ihrem Auftrag, den einzelnen Bürger vor dem Staat zu schützen, effektiv nachzukommen.
Zwar gewähren sie noch einen gewissen Schutz vor Rechtsverletzungen durch andere Bürger, der Staat hat sich selbst allerdings so umfassende Ausnahmen eingeräumt, dass die Ursprungsabsicht in vielen Fällen in ihr Gegenteil verkehrt wurde.
Nehmen wir nur das Beispiel des Briefgeheimnisses. Seit dem 17. Jahrhundert schützt es die Menschen davor, ausspioniert zu werden. Wobei die Möglichkeiten dazu seinerzeit ohnehin recht beschränkt waren. So bedurfte es eines großen Aufwandes, das Geheimnis eines Briefes „zu verletzen“ oder eine Person sogar systematisch zu überwachen.
Nachdem diese Hürden im 21. Jahrhundert gefallen waren, seit es also viel leichter ist, E-Mails, die normale Briefe ersetzen, also quasi die Rechtsnachfolger von Briefen sind, systematisch und flächendeckend zu überwachen, werden die Vorschriften nicht verschärft, was dem Geist und Sinn der Vorschrift entsprochen hätte, sondern praktisch außer Kraft gesetzt.
Und das mit einer großen Selbstverständlichkeit, als hätte es den Geist und Sinn des Briefgeheimnisses niemals gegeben.
Menschenrechte
Menschenrechte sind jene Rechte, die im Grundgesetz so definiert wurden, dass sie, anders als die nur für Bürger Deutschlands geltenden Bürgerrechte, für ausnahmslos alle Menschen gelten, die sich in Deutschland aufhalten. Im Widerspruch zu diesen Menschenrechten haben aber deutsche Spitzenpolitiker verhindert, dass mit dem in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz ein bekannterweise unschuldiger, auf deutschem Territorium illegal entführter Gefangener der USA aus der Folterhaft entlassen wurde.
Auch werden offensichtlich keinerlei Maßnahmen ergriffen, andere Verbrechen aufzuklären, die Geheimdienste der USA auf deutschen Boden begangen und noch heute begehen. Zuallererst ist hier natürlich die Aufklärung jener Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemeint, die in Geheimgefängnissen der USA auf deutschem Boden stattfanden. Und natürlich wird auch nicht nach deutschen Komplizen ermittelt.
Die Bundesregierung verhindert jede strafrechtliche Verfolgung von Geheimdienstmitarbeitern der USA aufgrund mittlerweile bewiesener Foltervorwürfe mit dem Hinweis, das würden die USA selbst regeln – was leider nie der Fall war und auch niemals der Fall sein wird, wie wir alle wissen. Vielmehr werden die bestraft, die die Verbrechen öffentlich gemacht haben.
In diesem Zusammenhang spricht auch die ganz zu Beginn erwähnte Weigerung Bände, dazu Stellung zu nehmen, warum man mutmaßliche Spionagefirmen der USA, die gegen das deutsche Grundgesetz verstießen, auch im Namen der Bundesregierung operieren lässt und mit Steuergeldern dafür bezahlt. Wenn dies mit über der Verfassung stehenden Vereinbarungen begründet wird, die das deutsche Volk aber nicht kennen dürfe, bedeutet dies einen noch viel größeren Bruch demokratischer Prinzipien.
Und wenn man sich den hier verlinkten Bericht über Drohnenmorde anschaut, die von deutschem Boden aus koordiniert und durchgeführt werden, fragt man sich fassungslos, was dies noch mit der Achtung der Menschenrechte zu tun hat. In der verlinkten Fernsehsendung konnte man erleben, wie Rekruten offen zu dem Zweck angeworben wurden, menschen- und völkerrechtswidrige Aktionen von deutschem Boden aus durchzuführen. Die Bundesregierung … weiß indes von Nichts. Und kein Staatsanwalt tritt in Aktion.
Meinungsfreiheit
Meinungsfreiheit wird im genannten Wikipea-Artikel ausdrücklich erwähnt und als von hervorragender Wichtigkeit für eine Demokratie bezeichnet. Meinungsfreiheit wäre im vollen Sinne des Artikels 5 Absatz 1 des Grundgesetzes nur gegeben, wenn jede Meinung gemäß dem Anteil der sie vertretenden Bevölkerungsgruppe an der Gesamtgesellschaft auch in den Medien Verbreitung fände.
Die Einrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seine Ausgestaltung waren schon der richtige Ansatz. Allerdings haben auch hier längst Verwässerungen bis hin zur völligen Pervertierung stattgefunden. Die Abweichungen vom verfassungsmäßigen Auftrag und insbesondere vom Gebot der Staatsferne waren zuletzt so groß geworden, dass das Bundesverfassungsgericht schließlich sogar den ZDF-Staatsvertrag für verfassungswidrig erklärte.
Mit der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fällt eine wichtige Stütze der Demokratie weg. Zusätzlich zu den öffentlich-rechtlichen Medien gibt es jedoch inzwischen die privaten Medien. Und hier wurde die Meinungsfreiheit faktisch noch stärker beschränkt, denn jeder Medienunternehmer kann den bei ihm beschäftigten Journalisten die Propagierung seiner eigenen Meinung vorschreiben (Tendenzbetriebregelung).
Er ist nicht verpflichtet, eine gesellschaftlich ausgewogene Meinungsvielfalt anzubieten, sondern kann ganz alleine bestimmen, welche Meinung sein Medium vertritt. Eine breitere Öffentlichkeit wurde durch das Bekanntwerden der schriftlichen Verpflichtung von Mitarbeitern im Springer Verlag, alles zu unterlassen, was die Interessen der USA oder Israels beeinträchtigen könnte, auf diesen Sachverhalt aufmerksam.
Mit den privaten neben den öffentlich-rechtlichen Medien gibt es jetzt also zwei mediale Machtblöcke: den der staatlichen Vertreter, der politischen Elite des Landes, und den der Vermögenden, die es sich leisten können, selbst ein Medium zu finanzieren.
Die bisherigen Untersuchungsergebnisse deuten schon an, in welche Richtung eine Analyse des Staatssystems im Hinblick auf seine tatsächliche (also nicht bloß formale) Herrschaftsform führen wird. Denn diese offenbaren eindeutige Ausprägungen einer Polyarchie.
Leider sind die Interessen von Politik einerseits und Wirtschaft und Banken andererseits in den letzten Jahrzehnten, nicht nur infolge der Drehtürpolitik, stark zusammengewachsen, so dass man inzwischen davon ausgehen kann, dass, sieht man von vereinzelten Konflikten zwischen diesen beiden gesellschaftlichen Subsystemen ab, der gleiche Meinungstenor vorherrschen wird.
Dies lässt sich derzeit gut am Gleichklang zwischen Politik, öffentlich-rechtlichen Medien und privaten Medien in der Darstellung des Syrien- und des Ukrainekonflikts oder der Bankenkrise, genannt Finanzkrise der EU, beobachten. Es deutet sich eine Entwicklung an, wie sie in den USA bereits abgeschlossen ist, nämlich die zu einer Oligarchie.
Unterdrückung der Meinungsfreiheit findet in Deutschland (noch) nicht durch Inhaftierung und Ermordung kritischer Journalisten statt. Stattdessen entzieht man ihnen einfach die ökonomische Lebensgrundlage. Sie finden keine Arbeitgeber oder Auftraggeber mehr.
Beispiele für solche „Ausgestoßenen“ sind, um nur einige Fälle zu erwähnen, Frieder Wagner, der Macher des preisgekrönten Films über die Folgen von Uranmunition (Deadly Dust), Andreas von Bülow, ehemaliger Spitzenpolitiker und Autor, Christoph Hörstel, der, bis zu dem Zeitpunkt, da er dissidente Meinungen zu vertreten begann, als ARD-Korrespondent und Berater der Bundesregierung tätig war, Ken Jebsen, der offen und vergeblich eine Klage herausfordernd erklären kann, dass die Intendanz in seinem Fall gelogen hat, um ihn loszuwerden, als er von Seiten transatlantischer Kreise in die Kritik geriet.
Und natürlich werden solche Ächtungen zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Denn dann treten diese Journalisten plötzlich bei „Feindsendern“ auf und prompt heißt es: „Seht ihr, er war schon immer einer von denen.“
Wohin treibt Deutschland?
Wohin treibt Deutschland, wenn Bayern die unbefristete Vorsorgeinhaftierung einführt (die vermutlich spätestens vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden wird), wenn die Bundeswehr fit gemacht wird in Aufstandsbekämpfung statt in Landesverteidigung und in erster Linie über offensive Waffensysteme verfügt, wenn sich unsere Rüstungsausgaben verdoppeln, wenn wider jede Vernunft und unter Ignorieren der Geschichte nicht Europa, sondern eine transatlantische EU, die lediglich als Köder für die NATO dient (keine Mitgliedschaft ohne Sicherheitspartnerschaft), zum Garanten einer Politik der Friedensförderung erklärt wird, wenn wir dabei helfen, ein souveränes Land zu bombardieren, ohne darum gebeten worden zu sein, um nur ein paar Beispiele aus Absurdistan zu nennen?
Mein Vater erzählte mir, wie Russen durch die Propaganda der Nazis systematisch und anhaltend dämonisiert wurden, wie sie entmenschlicht wurden. Ihnen wurden alle Gräueltaten zugeschrieben, die sich ein menschliches Hirn ausdenken konnte.
Er erzählte mir auch, wie man sich damals nicht davon befreien konnte, weil es keine alternativen Informationsmöglichkeiten gab. Und wenn man etwas anderes von einem Kommunisten oder Gegner des Systems hörte, wollte man ihm einfach nicht glauben.
Das ist die Erbsünde Deutschlands: Nicht sehen wollen, was unangenehm ist, und das große Narrativ nicht in Frage stellen, das man in der Schule, im Studium, im Verlaufe der Karriere als einzige Wahrheit anerkannt hat.
Die Mitläuferschuld
Menschen, die in der Falle der Propaganda des Establishments stecken, haben es schwer, die Absurdität der Propaganda zu erkennen, weil ihnen die Tatsachen, die (relative) Wahrheit zu unwahrscheinlich erscheinen.
Denn die Lügen und Verdrehungen der Propaganda des Establishments sind so überwältigend, dass es schwer fällt zu glauben, dass es anders sein könnte. Hinzu kommt dann die Schutzfunktion, die wir in Deutschland seit Hitler nur zu gut kennen und die die Eliten und Führungspersönlichkeiten gegenüber jeglichem Missstand abschirmt, der stets als singuläre Abweichung von einem an sich moralisch makellosen Ideal aufgefasst wird, wie sich dies etwa in Aussprüchen wie „wenn das der Führer wüsste“ offenbart.
Dass in Wahrheit Geldadel, Wirtschaftsführer, Politiker, Spitzenbeamte, hohe Justizangehörige, führende Medien und deshalb auch ihre Journalisten alle Teile eines im Wesentlichen gleich denkenden Establishments sind, erscheint der Mehrheit der Mitglieder dieser Gruppe wie auch ihren Propagandaopfern wie eine gigantische Verschwörungstheorie.
Dabei spielt der immer höhere Bildungsgrad in Deutschland durchaus eine Rolle, wenn auch eine negative. Jacques Ellul hat schon in den 1960er Jahren erklärt, dass Menschen, die in einem Bildungsumfeld aufwachsen, zur Schule gehen, studieren und arbeiten viel empfänglicher sind für Propaganda, die im Sinne dieses Bildungsumfeldes auf sie einwirkt. Denn sie glauben an sich selbst.
Und sie glauben, weil sie gebildet sind, müssten sie auch zu Allem eine Meinung haben, alles wissen. Beides zusammen erzeugt bei der Verdauung der Propaganda eine immer dickere Schicht der Gläubigkeit und eine immer geringere Bereitschaft, den eigenen Glauben zu hinterfragen. Ungebildete Menschen dagegen, die aber einen, wie man sagt, „gesunden Menschenverstand“ haben, sind eher bereit, die in der kürzeren Prägung durch Schule und evtl. Studium erworbenen Glaubenssätze zu hinterfragen.
Dieser Mechanismus ist natürlich bekannt, und nicht umsonst werden „aussichtsreiche junge Führungskräfte“ in Wirtschaft und Politik aus Deutschland in US-Universitäten durch großzügige Stipendien „gefördert“. Nicht umsonst wird dem einfachen Wähler die Fähigkeit abgesprochen, komplexe politische Sachverhalte mitzuentscheiden.
In Thailand konnte ich beobachten, wie Studenten auf dem Land Menschen, die gerade lesen und schreiben konnten, mit den Menschenrechtskonventionen bekannt machten und dann fragten, ob diese für sie gelten würden.
Durch diese Aufklärung kam es zu einem grundsätzlichen Hinterfragen der Autoritäten des Königshauses und des Militärs, ja der historisch gewachsenen Hierarchie insgesamt, verstärkt noch dadurch, dass sich einige Vertreter der bisherigen Hierarchie mit dieser Bewegung solidarisierten. Warum taten sie dies? Einerseits, weil sie die Unabwendbarkeit von Veränderung erkannten, und andererseits durch eine Unterstützung der Bewegung ihren unvermeidlichen Einflussverlust in einer (ungewissen Zukunft) reduzieren wollten.
Das führte schließlich zum Militärputsch von 2006 und vom Mai 2014 und letztlich dazu, dass Thailand mittlerweile wieder eine Militärdiktatur ist. Eine Diktatur, die von immer noch großen Teilen der „Gebildeten“ unterstützt wird, aus Gründen, die im vorherigen Absatz beschrieben wurden. Thailand ist heute eine Militärdiktatur, die Militärhilfe aus den USA erhält und von deutschen Wirtschaftsführern gerne akzeptiert wird.
Politik der Absurdität
Beobachtet man z.B. die Reden im UNO Sicherheitsrat, in denen mit größter Inbrunst bzw. Überzeugung die dreistesten Lügen verbreitet werden, ohne dass dies durch Journalismus hinterfragt wird, beginnt man zu verstehen, dass es eine Politik gibt, die die Wahrheit so absurd erscheinen lassen soll, dass niemand wagt, sie auch nur in Erwägung zu ziehen. Aber diese Politik kann zu einem Rohrkrepierer werden.
Denn in den Fällen der Ukraine und Syriens sind Grenzen überschritten worden, die einigen Menschen die Augen öffneten. Setzt die Politik nun diese Propaganda fort, die Wirklichkeit zur Absurdität zu erklären, könnte es geschehen, dass immer mehr Menschen darüber stolpern und beginnen diese Propaganda zu hinterfragen.
Und wieder werden weniger Gebildete im Vorteil sein. Denn jene, der eigenen Propaganda erlegenen, „Gebildeten“ werden, wenn sie beginnen die Wirklichkeit zu erkennen, die Lügen entschuldigen, zugunsten eines höheren Wertes. Denn sie halten das Ziel, das durch diese Lügen erreicht werden soll, für wertvoller als die Wahrheit. Für sie ist oft Machiavelli ein Vordenker, der politisches Handeln für die Ewigkeit definierte.
Wikipedia zufolge erklärt Macchiavelli, erfolgreiche Politik verlange „die Kunst, den richtigen Schein zu erzeugen“ und weiter erläutere er im Fürstenbuch:
„Die Menschen urteilen im Allgemeinen nach dem Augenschein, nicht mit den Händen. Sehen nämlich kann jeder, verstehen können wenige. Jeder sieht, wie du dich gibst, wenige wissen, wie du bist. Und diese wenigen wagen es nicht, sich der Meinung der vielen entgegen zu stellen. Denn diese haben die Majestät des Staates zur Verteidigung ihres Standpunkts.“
Der Fürst muss die traditionelle Moral vorgeblich wahren können, aber er darf auch – im Interesse der Staatsräson – vor Gewalt und Terror nicht zurückschrecken.
Wir wissen das, wir kennen die Geschichte, aber wir wollen nicht erkennen, welche Folgen unsere Ignoranz haben wird.
NS-Vergleiche sind unangemessen
Oft wird eingewandt, dass es unangemessen sei, die Vorgeschichte des größten Verbrechens des 20. Jahrhunderts mit der Situation zu vergleichen, die in Deutschland in den letzten Jahren zu beobachten ist.
Insbesondere wird eingewandt, dass wir keiner Ideologie zur Erlangung der Weltherrschaft anhängen, keine industriellen Massenmorde vorbereiten. Aber das ist zu kurz gedacht.
Heute ist Deutschland natürlich nicht das Land von 1933, sondern ein Land, das sich in vollkommener Abhängigkeit von einem Hegemon befindet, nämlich dem Establishment der USA. Deutschland wurde zu einem Flugzeugträger der USA, auf dem die „Eliten“ des Landes versuchen, ein paar Krumen vom imperialistischen Kuchen des großen Hegemons abzubekommen und sich für dessen erwarteten Niedergang vorteilhaft aufzustellen.
Insofern ist die Ideologie der Weltherrschaft nicht unsere eigene, sondern diejenige, der wir uns unterworfen haben.
Und dieser Hegemon ist auf dem besten Wege, die Verbrechen des Hitlerregimes, nicht nur durch eigene Verbrechen im 20. Jahrhundert, sondern zusätzliche Verbrechen im 21. Jahrhundert noch zu übertreffen.
Eine US-Studie verrät: „Das US Regime hat 20-30 Millionen Menschen seit dem 2. Weltkrieg getötet.“
Und wenn die Bürger der USA dagegen aufbegehren und einen populistischen Außenseiter als Präsidenten wählen, der verspricht, die Kriege zu beenden, dann zeigt das deutsche Establishment, wie sehr es bereits der mörderischen Ideologie des Exzeptionalismus‘ der USA und ihres Weltherrschaftsanspruchs erlegen ist und unterstützt in jeder Beziehung die Propaganda des US-Establishments, um den Präsidenten zu zwingen, den bisherigen Kurs beizubehalten. Sobald er die ersten Bomben abgeworfen hat, wird er daher gelobt.
Natürlich gibt es auch im US-Establishment Menschen, die ihre Moral und Ethik nicht zugunsten des Exzeptionalismus aufgegeben haben. Und es werden immer mehr. Neben den bekannten ehemaligen Regierungsberatern oder -mitgliedern wie Paul Craig Roberts und Michael Chossudovsky treten immer häufiger Wissenschaftler wie John Mearsheimer und Stephen Cohen vor und äußern Meinungen und Warnungen, die unser Establishment ignoriert.
Wenn man die blutige Spur der Verwüstung durch das USA-Establishment und unter Beihilfe Deutschlands in der Welt während der letzten Jahre betrachtet, von Jugoslawien über den Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien und die Ukraine, um nur die wichtigsten zu nennen, kann man durchaus von einer ähnlichen Situation reden, wie sie vor dem Ausbruch des 1. und 2. Weltkrieges bestand. Und unsere Mitläuferschuld besteht darin, das nicht sehen zu wollen.
Wir schweigen still zu den von der CIA verübten schlimmsten Folterungen und Menschenversuchen, die sich ein perverses Gehirn ausdenken kann. Wir behindern den Abbau der Kernwaffenbedrohung, indem wir einer entsprechenden UNO-Initiative, ganz im Sinne der USA, unsere Unterstützung versagen. Wir schweigen dazu, wenn eine hochrangige US-Denkfabrik schreibt:
„Fortschrittliche Formen der biologischen Kriegsführung, die auf spezielle Genotypen angesetzt werden, könnten die biologische Kriegsführung aus dem Reich des Terrors in ein nützliches politisches Werkzeug verwandeln.“
Oder im Originaltext:
„And advanced forms of biological warfare that can “target” specific genotypes may transform biological warfare from the realm of terror to a politically useful tool.”
Und wir schweigen auch dazu, wenn wir erfahren, dass die US-Luftwaffe am 19. Juli 2017 aktiv nach Mustern der Ribonukleinsäure (RNA) und Synovia von russischen Menschen sucht, wie die Webseite FedBizOpps.Gov verrät, die Ausschreibungen für die Streitkräfte veröffentlicht (Folicitation Number: FA3016-17-U-0164).
Wir schweigen dazu, obwohl nach einer Untersuchung des Pentagon endgültig klar geworden sein sollte, dass das US-Establishment Krieg zur Durchsetzung seiner Vormachtstellung benutzen und voraussichtlich immer stärker einsetzen wird, um den Zusammenbruch seiner Hegemonie zu verhindern.
Dabei lehrt uns schon John Lockes Staatsphilosophie aus dem 17. Jahrhundert, dass Zwang und Gewalt zunehmen werden, wenn die kulturelle und wirtschaftliche Vormachtstellung des Hegemons erodiert.
Unsere Mitläuferschuld ist vielleicht noch schlimmer als die Schuld der Täter, denn wir können erkennen, wenn wir wollen, dass die Taten des Hegemons und seiner Verbündeten bzw. Vasallen der Menschenwürde, den Menschenrechten und den Wunsch nach friedlichem Zusammenleben widersprechen.
Denn ohne Mitläufer gäbe es die Taten nicht. Das hat man uns nach dem letzten verlorenen Krieg erklärt, aber wir haben es wohl vergessen.